Eine Geschichte von Stefan Disselkamp
Um was für ein Möbelstück handelt es sich?
Es geht um eine Sperrholzkiste, nach Maß angefertigt für den Platz vor den Beinen in einem Paddelboot. In dieser Kiste werden bei Paddeltouren Lebensmittel transportiert. Irgendwie ist sie also eine Art Küchenschrank, aber auch noch mehr…
Wann und wie bist du in den Besitz des Möbelstücks gelangt?
Die Kiste habe ich 1981 zur Vorbereitung einer Paddeltour mit meiner ersten Freundin, die Beziehung war noch ganz frisch, mit ihr zusammen in einer Nachmittagsaktion gebaut. Allerdings war es noch die Grundversion, die Kiste ist später mehrfach verändert und immer wieder neu angestrichen worden.
Welches Detail magst du an dem Möbelstück besonders?
Ihre Multifunktionalität. Zuerst passte sie genau in das Vorschiff eines Kajaks, heute steht sie in der Mitte eines Canadiers und dient dort auch als Sitz für zwei Kinder oder einen Erwachsenen. Auch an Land ist sie nicht nur praktischer Aufbewahrungsort, sondern auch immer wieder Sitzplatz.
Welche Gefühle entstehen bei dir, wenn du dein Möbelstück betrachtest oder verwendest?
Mir kommen viele schöne Erinnerungen. Abgesehen von der oben angedeuteten Tour hat sie vor allen Dingen bei vielen Reisen mit meiner Frau und unseren Kindern einen festen Platz im Fahrradanhänger, Paddelboot und auch im Zelt gehabt. Sie hat schwedische Seen, deutsche, französische und polnische Flüsse erlebt…. Und natürlich hat sie einen Namen: „Die Kochkiste“, nicht eben originell, aber wenn so ein Name sich erst einmal etabliert hat…. Bei der ersten Tour mit den Kindern waren sie ein und drei Jahre alt, inzwischen sind sie 26 und 28.
Heute, ich bin jetzt 58 Jahre alt, mache ich immer noch längere Paddeltouren, erst unlängst wieder auf dem Allier und der Loire in Frankreich. Jetzt sind mein Bruder und zwei Freunde mit von der Partie. Das sind immer noch, oder vielleicht erst recht, ganz besondere Wochen. Sechs Nächte unter dem Sternenhimmel am Lagerfeuer auf einer Sandbank oder einer kleinen Insel. Und das Frühstück am nächsten Morgen kommt natürlich aus der Kochkiste…
Vor ein paar Jahren hatte ich sie einmal an Freunde ausgeliehen. Nachher kam die etwas verlegene Bitte, ob ich wohl zum nächsten Geburtstag der Mutter…. Und so gibt es nun eine zweite, nahezu identische Kochkiste, darauf bin ich natürlich auch ein bisschen stolz.
Hast du eine lustige Anekdote oder einen besonderen Moment mit dem Möbelstück erlebt?
Als ich Zivildienst machte, also die Kiste war da noch nicht alt, lernte ich bei der obligatorischen Schulung einen sehr netten Schreiner kennen. Irgendwie kamen wir ins Gespräch, ich lerne immer gerne von Handwerkern. Als ich ihm erzählte, wie ich die Holzverbindungen ausgeführt hatte, (Leim und Schrauben), sagte er freundlich und etwas mitleidig zu mir, so könne man das nicht machen, an der Kiste werde ich wohl keine lange Freude haben. Wenn ich bedenke, was sie in der Folgezeit dann alles erlebt hat, geschont wurde sie jedenfalls nicht…
Wieso macht das Möbelstück dein Leben reicher?
Urlaube mit Zelt, am besten freies Zelten auf Sandbänken, Seeufern, oft mit Lagerfeuer waren und sind unvergessliche Reisen. Wenn ich in den Keller gehe, stoße ich stets auf Teile unserer Campingausrüstung und oft denke ich über Verbesserungen und Reparaturen nach. Die Kochkiste hat im Laufe ihres Lebens außer einigen Schichten neuer Farbe auch einige andere Veränderungen erfahren: Neue Verschlüsse, neue Griffe, Abschlusskanten, die vor Spritzwasser schützen…. Insgesamt habe ich im Laufe vieler Jahre viele Stunden an ihr gearbeitet, immer mit Phantasien von Natur, Wasser, Freiheit, einfachem Leben…